Das Springkraut

Das Springkraut

Bestimmt hast Du diese Pflanze im Wald schon mal entdeckt?

Das Große Springkraut mit seinem sprechenden Namen „Rühr-mich-nicht-an“ bietet tatsächlich einen spannenden Ansatzpunkt für eine philosophische Verbindung zu ayurvedischen Gedanken:

Das Springkraut und sein Name: „Noli me tangere“

Der lateinische Name „noli-tangere“ („Rühr mich nicht an“) verweist auf die empfindliche Natur der Pflanze: Berührt man die reifen Samenkapseln, springen sie auf und schleudern die Samen fort. Dieses Verhalten kann als Einladung verstanden werden, über Grenzen und Berührung nachzudenken.


1. Respekt vor der Natur und ihren Grenzen

Im Ayurveda wird großer Wert auf das harmonische Zusammenleben mit der Natur gelegt. Jede Pflanze, jedes Lebewesen hat seinen Platz, seine Funktion und auch seine eigenen Grenzen. Das Springkraut erinnert uns daran, diese Grenzen zu respektieren – sowohl im Umgang mit der Natur als auch mit uns selbst und anderen Menschen.

2. Empfindsamkeit 

Im Fall des Springkrauts bedeutet die Empfindlichkeit der Kapseln, dass sie sie auf einen Impuls von außen reagieren und sich im richtigen Moment öffnen. Die Berührung ist der Auslöser für das Loslassen und die Verbreitung des Lebens.
Ayurvedische Parallele: Offenheit und das richtige Timing.

Im Ayurveda spielt das Prinzip des „richtigen Moments“ (Kala) eine große Rolle. Prozesse wie Verdauung, Heilung oder Entwicklung geschehen dann am besten, wenn die Zeit reif ist. Auch das Springkraut wartet auf den passenden Impuls von außen, um seine Samen zu verstreuen – es hält sie nicht fest, sondern gibt sie frei, sobald die Bedingungen stimmen.

Empfindsamkeit als Fähigkeit zur Transformation
Die Empfindlichkeit der Pflanze ist also keine Schwäche oder reiner Schutz, sondern vielmehr eine Fähigkeit zur Transformation und Vermehrung: Sie nutzt die Berührung, um sich zu entfalten und ihre Lebensenergie weiterzugeben.

Im Ayurveda wird Wert darauf gelegt, offen zu sein für Impulse und Veränderungen, aber auch zu wissen, wann und wie man darauf reagiert. Das Springkraut zeigt: Empfindsamkeit ist die Fähigkeit, auf äußere Einflüsse zu reagieren und daraus Wachstum entstehen zu lassen – nicht passiv, sondern aktiv und schöpferisch.

Fazit: Empfindsamkeit als schöpferische Kraft
Beim Großen Springkraut ist Empfindsamkeit kein Selbstschutz im Sinne von Rückzug, sondern ein Mechanismus, der Wachstum und Verbreitung ermöglicht. Die Pflanze ist offen für den Impuls von außen und nutzt ihn, um sich zu entfalten.

Ayurvedisch betrachtet:
Empfindsamkeit bedeutet, mit der Welt in Resonanz zu treten, den richtigen Moment zu erkennen und dann aktiv zu werden – zum eigenen Wohl und zum Wohl des Ganzen. Philosophisch:
„Rühr mich nicht an“ bedeutet nicht Abschottung, sondern: Berühre mich, und ich werde mich entfalten. Das ist eine Einladung zum Dialog mit der Welt – ganz im Sinne ayurvedischer Harmonie von Innen und Außen.


3. Loslassen und Verstreuen – der natürliche Kreislauf

Das Springen der Samen steht auch für das Prinzip des Loslassens. Im Ayurveda ist das Loslassen von Altem, Überflüssigem oder Belastendem ein wichtiger Aspekt der Reinigung (Panchakarma). Erst wenn wir loslassen, kann Neues wachsen.

Ayurvedischer Gedanke:
Das Springkraut lehrt uns, dass Loslassen ein natürlicher Teil des Lebens ist. Es ist kein Verlust, sondern ein Akt der Erneuerung und Vermehrung. Wer loslässt, schafft Raum für Neues.

So wird aus einer einfachen Pflanze eine philosophische Lehrmeisterin für ein achtsames und gesundes Leben – ganz im Sinne ayurvedischer Weisheit.

Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/55/Impatiens_parviflora.jpg/500px-Impatiens_parviflora.jpg